Vorgestern vor fünfzehn Jahren kam Der Herr der Ringe: Die Gefährten in die Kinos. Hach ja… Der Winter 2001. Filme wie Harry Potter und der Stein der Weisen oder Shrek der tollkühne Held machten aus diesem Winter eine Oase des Trostes, an die man sich fünfzehn Jahre später noch immer gerne erinnert.

Niemals werde ich meinen ersten Kontakt mit Tolkiens bzw. Peter Jacksons zauberhaften Welt vergessen. Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen. Wie ich als Zehnjähriger mit meinem Vater in den Kinosaal trat und der Bedienstete nochmal nachfragte, wie alt ich denn sei, da der Film eine FSK von 12 hätte. Mein Vater antwortete ihm lächelnd: „Elf und ein paar Monate“. Der Bedienstete jedoch versuchte uns zu erklären, dass der Film nicht ohne sei. Er nahm seinen Job wirklich ernst. Ich wüsste zu gerne, was aus ihm geworden ist. Männer mit solch einem Pflichtbewusstsein sind dieser Tage ein selten gesehenes Gut.

Anyway!

Ich sah also den Film, der mein Leben für immer verändern sollte, damals in Bruchsal (nicht Bruchtal *zwinker*) im Cineplex auf der Leinwand.

Ich denke, es gibt keine Worte, die beschreiben können, wie sich der zehnjährige Jannis damals gefühlt hat. Es war der Beginn einer Ära. Die Konfrontation mit einer Welt, die mein Leben entscheidend beeinflussen und mich oftmals vor den Wirren der Realität retten sollte.

Ich fand meine wahre Heimat im Auenland wieder, mich selbst in Frodo Beutlin (mit 15 sollte ich eine schwere Identitätskrise erleiden, in der ich mich kleidete und verhielt wie er), meine Feinde in den Orks und meine Liebe in den unsterblichen, makellosen Elfen.

Mittelerde wurde zu meiner Realität.

Ich stand dazu. Ich lebte meinen Traum. Bis zum heutigen Tage sollte Mittelerde zu meinem ständigen Begleiter werden. Jeder Tag, den ich in Mittelerde verbrachte, war ein Geschenk.

Doch diese Geschichten aus meinem Leben wurden bereits geschrieben und ruhen in der Schublade. Eines Tages werde ich sie mit dir teilen. Eines Tages, wenn dieser Blog bereits zu Asche zerfallen und unsere Bärte ergraut sind.

Aber kannst du mir folgen? Ich mein, kann es möglich sein, dass eine Geschichte, die – wenn wir ehrlich sind – fiktiv ist, einem mehr bedeutet als die Realität? Dass man das Gefühl hat, man hätte sein Leben dort, „weit weg“ verbracht? Dass man fiktive Charaktere als Freunde betrachtet?

Oder sind das Kunststücke des Verstandes? Alles nur eine Farce? Eine psychische Krankheit?

Scheiß der Hund doch drauf!

Es ist einfach geil so, wie es ist. Fertig.

 

Moment. Ich muss mich korrigieren.

Es ist nämlich nicht immer geil. Manchmal ist es schmerzvoll. Manchmal ist der Umstand, dass ich nicht physisch dort bin, so furchtbar, dass ich einfach heulen muss. Wie soll ich es dir beschreiben? Es fühlt sich so an, als wäre die einzige Straße, die „Dorthin“ führt, unter tonnenschwerem Schutt begraben und als wäre einzig ein Blick durch das Kosmische Fenster möglich.

Sozusagen ein Blick in eine Welt, die einst die Deine war; nun jedoch nur mehr ein Schatten, der immer mehr von dir abdriftet.

Avalon.

Verschlungen von den Nebeln.

Ich habe selten über dieses Thema gesprochen, da sich mir eine klare Sicht darüber fast gänzlich entschließt. Ich verstehe das nicht. Manchmal denke ich, ich bin wahnsinnig. Aber dann merke ich, dass alle anderen noch viel wahnsinniger sind. Mit dem Unterschied, dass sie diese Realität für die einzig Wahre halten.

Wie trostlos!

Solange du und ich die Möglichkeit haben, Reisen zu unternehmen, sind wir in Sicherheit. Solange wir bereit sind, durch das Kosmische Fenster zu blicken und zu sehen, befinden wir uns – so denke ich – auf dem richtigen Weg.

Wenn das Kosmische Fenster für mich verriegelt wäre, könnte ich weder musizieren, noch Lieder schreiben, noch Liebe machen, noch leben. Ich wäre ein Wrack. Ein Untoter. Ein ruheloser Geist, der durch die Einöden der Sozialversicherungsnummern, Rechnungen und Steuererklärungen schlurft und nicht einmal mehr die Kraft hat, nach Hilfe zu heulen.

Das Sich-selbst-Katapultieren in andere Welten ist ergo mein täglich Brot und zumindest darin bin ich ein Meister.

Ihr aus dem Land der Wehen und Zauderer! Folgt mir ins Land der Feen und Zauberer.

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Scheiß drauf, was die „Leute“ sagen. Sie sind oftmals viel verlorener als du es bist. Folge deinen Pfaden in die Elfenländer, bereise Burgen, die aus Wolken bestehen und töte Drachen mit deinem verzauberten Schwert. Sei Pirat, sei Werwolf, sei Magier, sei verdammt nochmal, was du willst, und verwandle deine Realität in einen regenbogenfarbenen Spielplatz der Liebe und Freude.

Wenn du glücklich dort bist, dann sehe ich keinen Grund, wieso du dort wieder weg solltest.

Und falls du dich jemals einsam fühlst: Ich bin auch dort. Immer. 24/7.

Lass uns heute ein Bier trinken und eine Prinzessin retten!

 Nai tiruvantel ar varyuvantel i Valar tielyanna nu vilya.

 (‚May the Valar protect you on your path under the sky.‘)

Namárië

 

 

(Jannis Raptis, „Ansichten eines Troubadours“ Blog 2016, www.jannisraptis.com)

2 Gedanken zu “Ansichten eines Troubadours, Woche 8: „Die Bruderschaft der Glücksritter“, Tag 3.

  1. Ich folge deinem Blog seit Tag eins und erfreue mich immer wieder an deinem erfrischend blumigen Stil, aber dieser Text spricht mir so aus der Seele, dass ich es durch diesen Kommentar und ein mentales, anerkennendes Nicken samt einem herzlichen Schlag auf die Schulter, wie es Legolas bei Gimli tun würde, noch einmal unterstreichen möchte, wie herrlich deine Beiträge sind und welch großen Respekt ich vor dir habe, dass du jeden Tag schreibst und veröffentlichst! Weiter so 🙂
    Alles Liebe und auf bald mal hoffentlich,
    Vera

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